Pensionierte Sittlichkeit
Fred Endrikat
Es war einmal ein Auerhahn,
der hatte seine Pflicht getan.
Acht Jahre lang und noch viel mehr,
dann war der Dienst ihm etwas schwer.
Kein Ding auf Erden ewig dauert,
er hatte eben ausgeauert.
Nun ließ er seine Blicke schweifen
betrübt zu all den Ordensschleifen,
Diplomen und den Ehrenpreisen,
die er erauert einst auf Reisen.
Was halfen ihm jetzt all die Prämien,
er musst’ sich vor den Hühnern schämien.
Kein Hafer und kein Sellerie
entlockten ihm ein Kikeriki.
Es klang jetzt wie ein heiseres quieken –
sein einst so frohes Kikerikiken.
Und all die Hennen, all die Glucken
die waren darob blas erschrocken.
So stand er traurig wie Pik sieben
im Kreise seiner Hühnerlieben.
Man hat den Enterich gebeten
den Hahn einstweilen zu vertreten,
was kümmert sich das Federvieh
um Sittlichkeit und Bigamie.
Jawohl, sprach stolz der Enterich,
die Kleinigkeit besorge ich!
Am Zaun stand nun der Auerhahn
und sah voll tiefer Trauer an,
wie seine Hennen, seine Glucken,
ohn’ mit der Wimper nur zu zucken
sich von dem Enterich ließen ducken.
Verächtlich tät der Hahn ausspucken:
Pfui Teufel, ja so sind die Glucken.
Da kam der böse Bauer an
und schnappte sich den Auerhahn
und sprach „Du toller Veteran
wirst höchstens für die Suppe taugen,
dann schlossen sich zwei Hühneraugen.
Was ist des Lebens ganze Müh?
Ein kleiner Topf voll Hühnerbrüh’!
Quelle: www.unterhaltungsspiele.com